Die Farblehre. In Der Schule empfand ich diese Theorie als wahnsinnig langatmig, langweilig und dachte mir oft, sie würde mich nicht betreffen. Doch vor 2 Jahrzehnten wusste meine Kunstlehrerin bereits, was ich erst im Laufe der Zeit erkannt habe: Farben beeinflussen mein Leben mehr, als ich es im Alltag wahrnehme. Sie entscheiden für mich, ob mir etwas gefällt, ob ich mich wohlfühle, ich einen Impulskauf tätige oder auch einfach nur, welches Produkt meine volle Aufmerksamkeit erhält. Farben beeinflussen oft unsere Gefühle und nicht selten unsere Entscheidungen.
Ich übertreibe? Ich verspreche dir, nach diesem Blogbeitrag werde ich dich überzeugt haben! 🙂

Glaubst du, es ist Zufall, dass Aktionssticker meist rot sind, statt grün? Oder glaubst du, das rote Licht an der Fleischtheke hat keinen Grund? Oder das blaue Licht der Fischtheke und das gelbliche beim Bäcker? Wer sich der Wirkung von Farben bewusst werden will, sollte sich mit den Verkaufstricks der Supermärkte näher beschäftigen und wird oft aus dem Staunen nicht mehr rauskommen. Feinsäuberlich ausgearbeitete Konzepte vermitteln dem Kunden ein Gefühl von „Frische“ bzw. „Nachhaltigkeit“ an den Gemüseregalen, von „Sauberkeit“, „Gemütlichkeit“ oder auch von „Qualität“ – diese Schlawiner!
Während der Endverbraucher seinen Einkauf tätigt, über seinen Einkaufszettel und das Abendessen nachdenkt, wird ihm unterbewusst bei seiner Entscheidungsfindung unter die Arme gegriffen. Böse könnte man auch sagen, dass er manipuliert wird 😀
Wer sich dafür entscheidet, in diesen Hasenbau abzutauchen und sich näher mit den Farben in unserem Alltag und den psychologischen Mechanismen beschäftigt, wird über Wochen ausgelastet sein. Das Thema ist unglaublich spannend und wer sich der Allgegenwärtigkeit dieser psychologischen Tricks bewusst ist, kann so manches Mal die „echte Farbe“ hinter einem Produkt bzw. einer Aktion erkennen.
Aber auch wir können in der Welt der Handarbeit Farben bewusst einsetzen, um Akzente zu platzieren, Stimmungen zu kreieren oder auch einfach nur, um unserem neuen Lieblingsprojekt eine persönliche Note zu verleihen. Heute möchte ich dir ein wenig die Welt der Farbsychologie näherbringen und dir erklären, wie du sie bewusst bei deinen Projekten einsetzen kannst 🙂
Wofür steht welche Farbe?
Gelb: Freude und Optimismus
Gelb, wie die Sonne – wer kennt es nicht? Gelb vermittelt ein Gefühl von Lebensfreude, Begeisterung, gute Laune und Kreativität! Geld schreit nahezu „JA“ zum Leben!
Aktuell befinden wir uns mitten im Frühling und kaum eine andere Farbe, lässt uns dieses Gefühl so erleben, wie das Narzissengelb. Die Natur erweckt erneut zum Leben und die ersten Blüten recken uns fröhlich die Köpfchen entgegen. Was gibt es Schöneres, nach den grauen und tristen Wintermonaten?
Sommerliche Projekte, leichte Baumwolltops und fröhliche Accessoires (z.B. Armbänder oder Strandtaschen) sind ideal geeignet, wenn du ihnen einen gelben Anstrich verpassen möchtest. Viele mögen ein zu grelles Gelb nicht, da es schnell überwältigend und zu schrill wirken kann. Ein wenig in Richtung Pastell oder die senfige Variante sind für viele angenehmer.
Rot: Kraft und Energie
Rot schreit dich an, zieht deine Aufmerksamkeit auf sich und will Alarm in deinem Kopf auslösen. Wie oben beschrieben, sind oft Sonderangebote in rot gehalten, Warnschilder oder andere Dinge, die wichtig sind.
Rot symbolisiert Leidenschaft, Energie und Wärme. Du kannst beispielsweise ein warmes Kaminrot nutzen, um eine gemütliche Decke zu stricken, die dir ein Gefühl von Geborgenheit vermittelt. Bitte beachte allerdings, dass Rot auch schnell unruhig wirken und die Gemütlichkeit in Hektik umwandeln kann.
Wem rot zu aggressiv ist, kann es hervorragend für Akzente nutzen oder auch für kleinere Projekte.
Grün: Natur und Harmonie
Kommen wir zu meiner Herzensfarbe: Grün.
Wer meinen Blog kennt weiß, wie sehr ich Grün liebe. Grün steht für mich für die Verbindung mit der Natur, für das Wachstum meiner Tomaten und die Frische der Minze. Grün wirkt ausgleichend, beruhigend und ich habe mir sagen lassen, dass eine von uns beiden ihr Schlafzimmer demnächst so streichen wird 😀
Grün eignet sich hervorragend für entspannte Projekte wie z.B. gehäkelte Kuscheldecken, eine dicke Strickjacke oder auch gestrickte Yogasocken. Balance und Ruhe dürfen in keinem Alltag fehlen und Grün schenkt dir ganz von allein die kleine Atempause für zwischendurch! Nutze die natürlichen Farbabstufungen und die gedeckten Töne für eine zeitlose Eleganz in deinen vier Wänden.
Blau: Ruhe und Gelassenheit
Neben Grün, wird Blau oft für das Gefühl der Entspannung und Vertrauen, aber auch für Reinheit und Sauberkeit eingesetzt – weswegen du Blau oft in Arztpraxen oder sanitären Einrichtungen finden kannst.
Blau erinnert uns an das Meer, den Himmel und hat automatisch eine beruhigende Wirkung auf unseren Geist. Um deinem hektischen Alltag zu entfliehen, könnte beispielsweise ein kuschelig blauer Pullover im Feierabend auf dich warten. Gehäkelte oder gestrickte Geschenke, die in Blau gehalten sind, vermitteln ein Gefühl von Sicherheit und Stabilität. Noch dazu wirken Projekte in Dunkelblau oft edel und hochwertig. Übrigens: Dunkelblau und Senfgelb ist eine meiner Lieblingskombinationen!
Lila: Kreativität und Mystik
Lila steht hoch im Kurs, wenn du Kreativität, Inspiration oder auch Spiritualität vermitteln möchtest. Aber nicht nur das! Du kannst außerdem die volle Bandbreite der Lavendeltöne nutzen und ein Tuch oder eine Mütze daraus zaubern, die nicht nur absolut im Trend sind, sondern eine beruhigende Wirkung erzielen. Zugegeben, davon bekommt man auf dem Kopf nicht viel mit, aber wenn du einen passenden Schal zu deiner Strickmütze strickst, hast du auch etwas von der Entspannung 😀
Anders sieht es dagegen mit dunkleren Lilatönen aus, wie beispielsweise Aubergine. Zwar wirken sie nicht aufwühlend, jedoch steht die Entspannung nicht im Vordergrund. Sie vermitteln eher das Gefühl von Luxus und eignen sich ideal für Projekte, die besonders edel wirken sollen. Die Kombination von einem dunklen Lila und Perlen gefällt mir besonders gut.
Schwarz und Weiß: Kontraste und Klarheit
Kommen wir zum absoluten Schrecken der meisten Handarbeiterinnen und Handarbeitern: Schwarz. So schrecklich (!) ich Schwarz bei der Verarbeitung finde, so gerne hätte ich ein schwarzes Tuch. Die Eleganz eines schwarzen Koldings oder eines Dreieckstuchs lässt sich nicht abstreiten und sollte in keinem Schrank fehlen.
Weiß dagegen steht für Reinheit und Klarheit. Während ich mir mein schwarzes Dreieckstuch gut im Varieté oder in der Cocktailbar vorstellen kann, sehe ich den weißen Kuschelschal bei einem stimmungsvollen Winterspaziergang oder auch zu besonders festlichen Anlässen, bei denen schwarz fehl am Platz wäre.
Egal, für welche (Nicht)Farbe du dich entscheidest, beide eigenen sich hervorragend als Basis, um diese mit knalligen Tönen extrem spannend zu gestalten. Probier’s aus!
Wie du die richtige Farbkombination findest
Die erste Regel lautet: Stricke oder häkel mit Farben und Kombinationen, die DIR am besten gefallen. Die Farbenpsychologie kann noch so detailliert erforscht sein, wenn DIR die Farben nicht zusagen oder die Farben auf dich einen anderen Effekt haben, solltest du auf dein Bauchgefühl hören. Ansonsten kann ich dir folgende Tipps ans Herz legen:
- Nutze die Farbtheorie
Farben, die sich im Farbkreis gegenüberliegen (Komplementärfarben), erzeugen starke Kontraste, während benachbarte Farben harmonischer wirken. Je nach Vorliebe kannst du dir entweder die starken Kontraste zu nutzen machen oder auch einen dezenten Farbverlauf kreieren. - Teste verschiedene Garnfarben zusammen
Du hast mehrere Knäuel Garn zuhause? Prima! Lege sie nebeneinander oder wickle einige Runden der verschiedenen Garne um Pappe, um die Wirkung der Farben beurteilen zu können. Gefällt dir die Kombination und ist sie für dich stimmig? Dann leg los 🙂 - Berücksichtige den Zweck deines Projekts
Eine Babydecke kann in Pastelltönen beruhigend wirken, während eine bunte Einkaufstasche Lebensfreude ausstrahlt. Ich würde persönlich beispielsweise keine knallrote Babydecke stricken, sondern eher in gedeckten, nicht ablenkenden oder aufwühlenden Farben. - Lass dich inspirieren!
Tatsächlich habe ich einige meiner Lieblings-Kombinationen im Social-Media gefunden. Royalblau und Senfgelb hat mich sogar so verzaubert, dass meine Küche in diesen Farben gehalten ist. Aber auch Grau mit Rosa habe ich erst durch ein gestricktes Projekt einer anderen Handarbeiterin kennen und lieben gelernt. Du möchtest ein neues Projekt anschlagen? Schau doch einfach bei den passenden Hashtags vorbei und sieh dir an, für welche Farben sich die Anderen entschieden haben. Eine Vorgehensweise, die ich wirklich oft praktiziere, denn gerade bei allen Westknits-Tüchern gibt es die wildesten, aber auch tollsten Inspirationen. - Trial and error.
Versuch macht klug! Im Zweifel ribbelst du das gute Stück wieder und hast etwas dazu gelernt 🙂
Fazit
Ich könnte Stunden über die Wirkung der Farben in unserer Wohnung oder auf unseren Stricknadeln schreiben. Farben sind längst nicht mehr nur eine bloße Designfrage irgendwelcher Modeschöpfer in Italien. Sie beeinflussen unsere Art zu denken, unseren Alltag und sie erzählen Geschichten. Sie machen deine Handarbeit einzigartig, zeigen der Welt ein Stück deines Wesens und deines Geschmackes. Und nicht nur das! Du strickst oder häkelst für deine Liebsten und möchtest ihnen eine Freude bereiten? Durch die Berücksichtigung ihrer Lieblingsfarben kannst du ihnen mit der richtigen Farbauswahl zeigen, dass du ihnen zugehört hast und sie ernst nimmst. Bitte bedenke immer, dass der fertige Schal schließlich nicht DIR gefallen muss, sofern du ihn verschenken möchtest.
Vielleicht probierst du es bei deinen nächsten Projekten aus und spielst ganz bewusst mit den Farben, den Zusammenstellungen und traust dich mal in neue Gewässer? Du machst das schon? Ich würde mich wahnsinnig freuen, wenn du mir davon berichtest, ich kann sicherlich noch viel lernen 🙂
Gabi
22. April 2025 — 13:42
Hallo Steffi, ich stricke derzeit an einem Pullover für mich, ein tolles Garn mit Farbverlauf von dunkel- zu hellgrau und danach von rosa zu rot mit Farbsprenkeln. Einen weiteren Pullover habe ich in dunklem grau mit schmalen Streifen bunter Sockenwolle gestrickt. Ich habe wohl eine Schwäche für grau!
Liebe Grüße
Gabi
Woll.Verine
22. April 2025 — 14:53
Hallo, Gabi! Wie schnell warst du denn bitte?! 😀
Ja, das klingt fast so, allerdings könnte ich auch ständig Grau verstricken. Es lässt sich sooo schön kombinieren und sieht einfach elegant und edel aus <3
Liebe Grüße
Steffi