Wie viele „Must-Haves“ hast du schon gehäkelt? Wie viel „heißen Scheiß“ verstrickt? Die Welt der Handarbeit unterscheidet sich nur unwesentlich von allen anderen Welten. Auch sie hat ihre Zeiten, ihre Helden und auch ihre Trends.

Wer meinen Blog schön länger kennt weiß, dass auch ich mich manchmal dem aktuellen Wahnsinn hingebe, selbst, wenn ich ab und an ein wenig Bedenkzeit brauche. Während ich zu Beginn mit Glückswürmchen nicht viel anfangen konnte, haben sie mittlerweile einen festen Platz in meinem Herzen gefunden. Ich liebe es, sie neu zu denken, den Jahreszeiten anzupassen und meiner Fantasie Ausdruck zu verleihen. Und obwohl ich den Kolding zu beginn unfassbar hässlich fand, liegt seit einem Jahr das Garn für ihn bereit. Im heutigen Blogbeitrag möchte ich jedoch auf einen ganz besonderen Trend, nein, ein Erlebnis eingehen.

Das Strickkino

Strickkinos sind genau das, was der Name hergibt: Du strickst im Kino, während ein Film läuft. So einfach, so simpel, so genial. Wieso sind wir nicht schon früher darauf gekommen?

Warum ich Strickkinos liebe?

Ich bin überzeugt, dass Stricken und Häkeln im Kino auf mehreren Ebenen einen Mehrwert für uns und unsere Gesellschaft bieten können. Wir alle frickeln, während Filme im Hintergrund laufen und warum sollte dieses Konzept nicht auch im Kino funktionieren? Den Film aus dem heimischen Wohnzimmer in den Kinosaal zu verlegen hat jedoch einen großen Vorteil: Neue Gemeinschaften können entstehen, neue Kontakte werden geknüpft und zugleich kann aktiv etwas gegen Vereinsamung getan werden. Wer Handarbeiten liebt, aber sozial eher zurückgezogen lebt und vllt. durch das Fehlen von Arbeitskollegen (Rentner) wenige Sozialkontakte hat, hat hier einen direkten Zugang zu unserer Gesellschaft und kann leichter Anschluss finden. Und ja, ich glaube wirklich daran, denn im Gegensatz zu anderen Orten hast du hier gleich eine Gemeinsamkeit, eine Leidenschaft, die dich mit Anderen verbindet und somit direkt ein Thema, über das man den Einstieg in ein Gespräch finden kann.

Aber nicht nur das! Stricken und Häkeln aus dem Schaukelstuhl in den Kinosessel zu verfrachten, modernisierst unser wundervolles Hobbie und bringt es in die Öffentlichkeit! Es wird ganz von allein interessanter für Mitmenschen, die eher wenig damit zu tun haben und schüttelt das nervige, altbackene Image ab. Wie oft haben wir uns schon geärgert wenn jemand gefragt hat „Stricken nicht nur Omas?“ – nein, eben nicht! Wir sind viele und das über jedes Alter hinweg, wir müssen es nur zeigen.

Zu guter Letzt möchte ich noch einen weiteren, wichtigen Punkt hervorheben: Kinos sterben. In Zeiten von Streaming-Diensten und teurer Lebenshaltungskosten, bleiben Kinos oft auf der Strecke und gehen der Reihe nach in die Insolvenz. Ein Umstand, der nicht nur bedauerlich ist, sondern auch eine kulturell wertvolle Säule wegbrechen lässt. Das gemeinsame Erleben von Blockbustern, wie die Reise zum Mittelpunkt der Welt, die Zerstörung des Todessterns uvm. bringt Menschen zusammen und schafft kollektive Erinnerungen. Kinos müssen neue Wege gehen, neue Zielgruppen ansprechen und wenn wir so direkt beide Seiten vor Vereinsamung retten können, umso besser!

Vorbereitung ist alles!

Du möchtest auch ein Strickkino besuchen? Lass dich durch nichts in der Welt davon abhalten! Es ist ein ganz wunderbares Erlebnis, allerdings solltest du auch ein paar Kleinigkeiten beachten. Hier meine Tipps, für deinen perfekten Ausflug:

  • Verwende kein dunkles Garn!
    Der Kinosaal wird nicht so stark abgedunkelt, die im Normalfall. Dennoch ist es deutlich dunkler, als es zuhause auf dem Sofa der Fall ist. Mit schwarzem Garn wirst du nicht viel Freude haben. Nimm lieber deutlich hellere Garne mit.
  • Du brauchst etwas mehr Licht?
    Buche einen Platz am Rand, denn dort sind die Wandlichter. Außerdem kannst du dir eine Lampe holen (z.B. hier (Keine Werbung)), die du um deinen Nacken legen kannst. Achte nur darauf, deine Mitmenschen nicht zu blenden.
  • Sichere deine Utensilien!
    Deine Maschenmarkierer hängen lose am Projekt, deine Schere droht runter zufallen? Versuche deine Materialien so ausbruchssicher wie möglich zu verstauen. Einer Frau hinter uns kullerte ihr Garn aus der Tasche, die kompletten (!) Reihen hinunter und sie musste es unten im Kinosaal aufsammeln. Außerdem hörte man regelmäßig Markierer und Nadeln fallen. Bedenke, dass der Platz eng und das Kino dunkel ist.
  • Kleine Projekte!
    Ich habe mich bewusst für ein Paar Socken entschieden. Sie können leicht auf dem Schoß gearbeitet werden, man muss keinen Berg an Garn hin und her werfen und am Ende des Films kann man einen deutlichen Schritt erkennen.
  • Wähle keine Konzentrations-Fresser!
    Du hast ein aufwendiges Strickmuster auf den Nadeln? Lass es zuhause! Im Kino wirst du Anderen Platz machen müssen, den Film hören und auch deine essenden/redenden Mitmenschen. Du bist dort, um Gemeinsamkeit zu erleben und das geht am besten mit leichten Strickmustern. Ich hatte meine Gundel-Socken auf den Nadeln und habe es nicht bereut 🙂

Mein Strickkino-Erlebnis

Ich habe ein Kino in meiner Nähe, dass ein wenig spezieller ist. Klein, oft französische Filme, nicht immer auf deutsch, schrie es schon lange nach meiner Aufmerksamkeit. Zuletzt war ich vor rund 25 Jahren dort und sah zwei (ziemlich verstörende) Filme mit meiner Schulklasse. Während es mich bei dem Gedanken an die Filme noch heute schaudern lässt, habe ich den Zauber des kleinen Metropol-Kinos nie vergessen. Immer mal wieder schaute ich nach, ob gerade ein spannender Film für meinen Partner und mich lief, doch dieses Vorhaben verlief jedes Mal im Sande. Letzten September besuchte ich die Webseite erneut und konnte meinen Augen kaum trauen: Mein kleines Metropol ist ein Strickkino geworden! Schnell schrieb ich meiner Mama eine SMS, ob sie am 18.10. Zeit hätte und kaufe sofort die Tickets. Denn wir hatten uns kurz zuvor noch über genau dieses Kino unterhalten, denn es war auch das Kino IHRER Kindheit.

Der Kinobesuch

Als der Tag gekommen war, tranken wir zunächst ein Käffchen in unserem Stamm-Café und zogen dann gemeinsam los in unser kleines Abendteuer. Jede hatte ein wohl ausgesuchtes Strickstück dabei, dass sich leicht unter Ablenkung arbeiten lässt. Nach nur 5 Minuten Gehzeit waren wir angekommen und als Düsseldorf-Köln-Pendlerin liebe ich es, auch mal ein solches Heimspiel zu haben! 😀

Das Metropol hat ein ganz besonderes Flair. Überall hängen (alte) Filmplakate, es ist kunstvoll inszeniert und urig. Im Gegensatz zu anderen Kinos, geht man hier zum Lachen in den Keller, denn zunächst muss man eine kleine Treppe runter. Unten angekommen, wartet direkt auf der rechten Seite die Kasse und der Popcorn-Verkauf auf einen. Klein, aber fein. Alles ist sauber und renoviert. Das Kino ist unglaublich gemütlich, extrem gepflegt und das Personal ausgesprochen freundlich. Auch für Menschen, die mit der Hektik und der Lautstärke in den „normalen“ Kinos eher hadern, sollte dieses Kino eine Alternative sein.



Nachdem wir im Vorraum Platz nahmen und eine Cola getrunken hatten, zogen wir weiter in den Kinosaal und sortierten zunächst unsere Taschen und Jacken. Nach und nach füllte sich der Kinosaal und ich fand es fantastisch, die Leute zu beobachten, wie sie Platz nahmen. Jeder schaut jedem ins Gesicht, auf das Projekt und man hatte direkt eine Verbindung, wie man sie üblicherweise in anderen Kinofilmen nicht hat. Alle waren neugierig, fragte nach, half sich aus, es waren nur freundliche, lächelnde Gesichter um einen rum. Allein dafür hatte sich das Kommen schon gelohnt, denn das hat man leider eher selten.


Während des Kinofilms wurde gestrickt, genäht und gehäkelt. Man hörte das leise Rascheln von Popcorntüten, das Klimpern der Nadeln und das Runterfallen von Maschenmarkierern. Ich liebe das Gewimmel und Gewusel um mich rum, wenn ich in einem Kinosaal sitze und in diesem Fall waren es nur allzu bekannte Geräusche. Und nicht nur das, auch meine Stricksocken machten endlich mal wieder große Fortschritte! Nur wenige Minuten nach dem Filmbeginn wurde mir jedoch klar, wie viel Glück ich bei der Platzwahl hatte. Zwar war mein Sockengarn relativ hell, aber der Platz am Rand brachte das Licht, welches ich beim Frickeln brauchte. Ohne Umhängelampe war es doch stellenweise etwas zu dunkel und beim nächsten Mal würde ich auf jeden Fall meine mitnehmen.

Während ich meine Klamotten gut beisammenhalten konnte, ließ meine Mama ihr Garnknäuel fallen und das, obwohl wir uns vorher noch einig waren, wie eklig das wäre! Beim etwas uneleganten Aufheben bekam sie dann noch einen Krampf im Hintern und musste kurz auf dem Boden sitzen bleiben – ein Bild für die Götter und als unsere Sitznachbarn erkannten, dass alles „okay“ ist, hatten auch sie ihren Spaß an der Situation 🙂

Fazit

Strickkino ist auf jeden Fall etwas, was ich dir wärmstens ans Herz legen kann. Es bereitet Freude, ist gesellig und einfach mal ein neues Erlebnis. Du kommst raus, bist unter Gleichgesinnten und ich bin mir zu 100% sicher, dass so manch eine Strickgruppe sich aus den Strickkinos heraus gebildet hat.

Die richtige Vorbereitung ist absolut entscheidend für ein gutes Strickerlebnis. Natürlich können deine Punkte von meinen o.g. abweichen, aber so oder so solltest du dir vor dem Kinobesuch Gedanken darüber machen, was dir wichtig ist und was dich an einem reibungslosen Erlebnis hindern würde.

Wenn ich jedoch eine Sache verbessern müsste/dürfte, wäre es definitiv die Filmauswahl. Bereits auf vielen anderen Instagram-Accounts habe ich gelesen, dass die Handarbeiterinnen nicht zufrieden mit den gezeigten Filmen waren. Denn obwohl Handarbeiten viel moderner sind, als ihr Ruf, wird hier noch mit einem gängigen Vorurteil gearbeitet: Wir alle lieben automatisch Romanzen bzw. Liebesfilme. Typisch Frau halt. Ich denke, hier dürfte man ruhig mutiger bei der Filmauswahl sein und einen leichten Krimi oder eine Komödie den Vorzug geben.

Allerdings glaube ich auch, dass die Kinos sich das Feedback zu Herzen nehmen und sich den Wünschen der Community anpassen. Für die Kinobetreiber ist dieser Trend neu, aber viele haben sicherlich ihre Chance erkannt, neue Gesichter in die Kinos zu locken und sie werden hier und da bestimmt noch nachbessern.

Was ist mit dir? Warst du schon in einem Strickkino und wir war deine Erfahrung? Hättest du Lust dazu und BIST DU DIE MIT DEM GRANDIOSEN GLURAK? Schreib gerne einen Kommentar! 😀



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