Ach du Strick!

Das Elend mit den Geschenken

Jeder, der einer Sammelleidenschaft oder einem Hobbie nachgeht, kennt es: Man bekommt entsprechende Geschenke.

Als handarbeitende Kleingartenbesitzerin bekomme ich regelmäßig Sockengarn und Blumenwiesen geschenkt und speziell meine letzten zwei Geschenke inspirierten mich, diesen Beitrag zu schreiben.



Das Problem

Es gibt im Regelfall mehrere Probleme, die man mit Geschenken haben kann.

1. Eines der beiden letzten Geschenke war eine Blumenwiese, die ich „Zwischen Tür und Angel“ von einer Freundin in die Hand gedrückt bekommen habe. Blumenwiesen sind augenscheinlich das Salz in der Suppe, wenn man jemanden mit Garten besuchen geht. Schnell geshoppt, im Supermarkt oder am Wahlstand geschenkt bekommen, schnell überreicht und – auf den ersten Blick – erfolgreich Gedanken gemacht. Was der Gartenbesitzer jedoch auf seiner kleinen Fläche mit Samen für 100qm machen soll, die er mehrfach im Jahr geschenkt bekommt, konnte mir bisher noch niemand beantworten. Es ist auch egal, ob ich es immer wieder anspreche, es wird mir konsequent an jedes Geschenk eine Blumenwiese getackert. Das Gleiche gilt für willkürlich gekaufte Stauden und Büsche, von denen jeder erwartet, ich würde sie mir irgendwo in den Garten pflanzen. Ich habe mir schon sehr oft vorgenommen, einfach mal einen Einrichtungsgegenstand an der Haustür zu überreichen, wenn ich jemanden besuchen gehe. Warum bei der Gartengestaltung Halt machen und nicht einfach mal die Wohnungen anderer Personen einrichten? Eine Stehlampe, einen Sessel oder ein Wandbild?

2. Neben dem Platzproblem, gibt es ein ganz offensichtliches: Das Geschenk gefällt nicht. Während man bei anderen Kleinigkeiten darüber schneller hinwegsehen kann oder den xten Wein einfach weiterverschenkt, ist ein fehlender Rhododendron schon auffälliger. Haben die meisten von uns nicht schon Garn geschenkt bekommen und wurden beim nächsten Treffen gefragt, was wir daraus gemacht haben? Wir alle haben sie, die langen to do Listen, die schon geplant sind, für die allerdings schlichtweg die zusätzlichen Arme fehlen. Aus reiner Nächstenliebe und um zu zeigen, wie sehr man das Garn mag, werden wohl die wenigsten von uns ein neues Projekt anschlagen und ggf. Wochen ihrer Zeit mit einer Farbe des Schreckens verbringen. Nicht nur die Farbe kann zum Problem werden, sondern auch das Material. Es gibt einige Handarbeiterinnen in meinem Umfeld, die Wolle nicht vertragen und daher auf Baumwolle oder Seide zurückgreifen. Wieder andere sind vegan und möchten Seide, Mohair und Co. komplett vermeiden. Auch diese Personen werden sich über eine Tüte gelben Yak-Garns nicht freuen.

3. Die Menge. Während ich bei der Farbe und dem Material eher entspannt bin, kann die Menge wirklich zu einem Problem werden. Mal abgesehen von der – für mich wirklich traumatisierenden Blumenwiese – ist es beim Garn noch offensichtlicher. Selbst wenn einem das Garn gefällt und der Schenkende wirklich ins Schwarze getroffen hat, reicht die Menge ggf. nicht, um einen Pullover zu stricken. Oder es ist viel zu viel und man weiß nicht, was man mit den Resten machen soll. Natürlich kann man Garn nachkaufen, aber man ist dann gezwungen selbst Geld auszugeben und man wird niemals die selber Partie erwischen.



Das Problem mit den Problemen

Während ich diesen Beitrag schreibe ist mir durchaus eine Sache absolut bewusst: Es wirkt unendlich undankbar und als undankbar möchte niemand gelten. So kommt es, dass Millionen Beschenkte ein Lächeln aufsetzen und sich bedanken. Wir wollen niemandem, der sich augenscheinlich Gedanken gemacht hat, vor den Kopf stoßen und erst recht nicht, wenn es ein Geschenk zum Geburtstag ist oder von Opa kommt.

Ich muss gestehen… Der Blogbeitrag ist seit MONATEN fertig und doch habe ich ihn nicht gepostet. Die Hemmung sitzt tief in mir und auch wenn ich durchaus auch oft kritische Themen aus meiner Sicht beleuchte, ist das nun wirklich unangenehm.

Allerdings habe ich mich heute für die Veröffentlichung entschieden, da es sicherlich vielen so geht und man doch eigentlich über sowas sprechen können sollte 🙂

Das Umdenken

Bis vor wenigen Jahren war ich absolut davon überzeugt, der richtige Weg wäre nett lächeln und bedanken. Ich habe jedes Jahr mehrere tausend Samen bekommen und mehrere tausend Samen weggeworfen. Ja, ich habe extrem viele meiner Geschenke schweigend weggeworfen, da ich entweder keinen Platz im Garten hatte, keine Zeit oder aus anderen Gründen. Mittlerweile lege ich vieles einfach kommentarlos in Kaffeeküchen oder ins Treppenhaus und hoffe, es nimmt jemand einfach mit. Wenn sich jedoch niemand findet, wird es schwierig.

Irgendwann legte sich ein Schalter um und es tat mir leid, um das Geld, die Ressourcen und auch die Arbeit, die ich in viele Projekte steckte. Je nach Geschenkgrund, habe ich Samen im Wert von locker 15 Euro erhalten und wusste bereits beim Überreichen, dass ich nicht ein Korn davon versenken werde. Im letzten Jahr habe ich eine 1qm große Blumenwiese ausgestreut und dafür mein Gemüsebeet verkleinert. Gemüse hätte mich glücklicher gemacht, weniger Wasser gekostet und vor allem sieht die Wiese auf so kleiner Fläche nicht einmal schön aus.

Die zuletzt geschenkte Blumenwiese hat mir sehr deutlich die Augen geöffnet, dass nicht ich an der Stelle das Problem bin, sondern die Schenkenden in meinem Umfeld, meine Wünsche schlichtweg nicht respektieren. Als ich sagte, dass ich schon 400qm Samen allein in diesem Jahr geschenkt bekommen habe und mein freier Quadratmeter voll ist, wurde mir die Tüte überreicht mit den Worten, ich sollte dann halt irgendwo anders die Samen ausstreuen. Das man zum einen nicht einfach irgendwo was ausstreuen darf und zum anderen im Nachgang durchaus Pflege/Arbeit reinstecken muss (gießen!!! und Unkraut jäten) interessierte dabei nicht.

Das Gleiche gilt für Garn. Wir wissen alle, dass 2 Knäuel Sockengarn ebenfalls gut 15 Euro kosten können und meine Eltern gewöhnten sich irgendwann an, mir aus jedem ihrer Urlaube 2 Knäuel mitzubringen. Die zwei fahren nie lange, aber dafür häufiger weg und so hatte ich schnell ein Dutzend Garne im Jahr zusammen. Auch hier gilt: Sie arbeiten hart für ihr Geld, ich suche mir gerne selber die Farben aus und es setzt mich unter Druck, etwas aus den geschenkten Garnen zu machen. Oft kam ich kaum hinter her und verschenkte die Garne an gemeinnützige Vereine.

Die Lösungen

Mittlerweile habe ich mir angewöhnt, offen zu kommunizieren, ob ich ein Geschenk nutzen werde oder nicht. Ein Beispiel: Meine Eltern brachten mir Mitte letzten Jahres erneut zwei Knäuel Sockengarn mit und beim Überreichen erklärte mir meine Mama direkt, was ich daraus machen könnte. Ich sagte ihr, dass ich das Garn nach ganz hinten stelle, um meine andere (Wunsch-)Projekte zu beginnen bzw. meine UFOs zu beenden. Im gleichen Moment fiel mir eine aktuelle Spendenaktion ein und ich warf in den Raum, ggf. die Garne für Obdachlose zu spenden. Der Gedanke gefiel ihr so gar nicht, da sie MIR eine Freude machen wollte und so behielt sie das Garn. Zugegeben, es kostete mich viel Kraft und ich sah ihre Enttäuschung, vielleicht sogar ein wenig Wut, aber irgendwann musste ich diesen Kampf eingehen. Es dauerte ein paar Wochen, aber sie sprach mich tatsächlich auf die Situation an und sagte mir, dass sie in dem Moment zwar etwas gekränkt war, im Nachgang jedoch froh ist. Weder möchte sie Dinge kaufen, die ich nicht möchte, noch mich in die Lage bringen, lügen zu müssen.

Als wir in diesem Sommer meine Eltern in den Garten einluden, um leckeren Kuchen zu futtern, brachte mein Papa eine Rose mit. Mein Freund hasst Rosen und wir haben wirklich keinen Platz dafür. Dies liegt nicht zuletzt an den bereits vorhandenen Rosen, die uns immer wieder mitgebracht wurden. Ich sagte meinem Papa, dass ich die Rose an eine liebe Kollegin verschenken werde und er nahm sie wieder mit. Solch eine Situation gab es ein paar Mal, aber mittlerweile scheinen wir über den Geschenkeberg gekommen zu sein.

Aber mal ehrlich… Nicht jeder (mich eigentlich eingeschlossen) ist für diese harte Ehrlichkeit, das weiß ich. Ich finde es allerdings nur fair meinem Gegenüber zu sagen, dass ich meine Projekte gerne selber plane. Die Anleitung und das Garn aussuchen gehört für mich zum Gesamtprozess dazu und ich stricke zu wenig, als das ich nicht ein wenig wählerisch sein darf. Auch möchte ich nicht mein Gemüsebeet aufgeben, nur weil andere meinen, ich solle lieber Blumenwiesen anpflanzen.

Wer das Thema weder ansprechen möchte, noch stillschweigend das Garn oder die Blumen nutzen will, kann es natürlich weiterverschenken. Gedeckte Garnfarben werden immer wieder gerne genommen und entweder strickst bzw. häkelst du eh für den guten Zweck oder du hast einen Verein in deinem Umfeld, der sich über das Garn freut. So oder so muss du nicht damit leben, das Garn lagern zu müssen.

Letztendlich muss jeder selbst einen Weg finden und wahrscheinlich werde auch ich weiterhin meine Reaktionen individuell meinem Gegenüber anpassen. Mit meiner Familie haben wir irgendwann hochoffiziell vereinbart, dass wir einfach solche Themen ansprechen und das ist für uns der optimale Weg. Das heißt aber noch lange nicht, dass ich z.B. ein Geschenk von einem Kind genauso ablehnen würde. Ich denke, du verstehst den Ansatz 🙂

Aber keine Geschenke ist doch traurig? 🙁

Als Alternative kann man jedoch anbieten, beim nächsten Einkauf mitzugehen und gemeinsam Garn oder Samen aussuchen. So könnte man sich einen schönen Tag machen, der Schenkende hat sein Ziel erreicht und der Beschenkte ist glücklich mit seiner Beute. Ich würde mich tatsächlich über so manch ein Blümchen freuen, aber eben nicht über alles. Zwar haben meine Eltern und ich noch nie zusammen in einem Garnladen gestanden, aber im Gartencenter dagegen schon häufiger.



Übrigens…

… auch mit uns Handarbeiter:innen haben viele ein Problem.

Es gibt sicherlich Menschen in unserem Umfeld, die vielleicht nicht immer ehrlich sind und uns nicht sagen, dass sie gestrickte Socken nicht mögen. Tatsächlich gibt es einige, die Wollsocken nicht ausstehen können, gewisse Qualitäten als Tuch zu kratzig oder die ausgesuchten Farben ganz abscheulich finden. Und soll ich dir was sagen? Das ist absolut in Ordnung. Aber auch hier sind es oft die kleinen Notlügen, mit denen sie uns nicht verletzten wollen, aber mit denen niemandem geholfen ist.

Ich weiß, dass es in den sozialen Netzwerken regelmäßig Themen bzgl. der „Undankbarkeit“ von Beschenkten gibt und der Großteil ist sich immer einig, dass Offenheit und Ablehnung natürlich gar nicht gehen. Ich weiß, dass ich damit in ein Wespennest steche und mich vielleicht auch ziemlich unbeliebt mache. Allerdings kann ich schlecht für mich Rechte rausnehmen, die ich anderen nicht zugestehen möchte. Wenn ich mich bewusst für ein Projekt entscheide, darf ich es niemandem übelnehmen, wenn er ein ungefragt gefertigtes Stück nicht tragen möchte. Egal wie viel Arbeit ich reingesteckt habe und egal wie teuer das Garn war.

Aber hier gilt das Gleiche wie oben: Du kannst die Person mit ins Boot holen, ihr könnt zusammen eine Anleitung raussuchen und gleich dazu das passende Garn? Warum nicht ein kleines Event daraus machen und bei Kaffee und Kuchen durch die Strickbücher blättern oder durch die Garnläden unserer Städte ziehen, einen Eiskaffee trinken und einfach Zeit zusammen verbringen? Und wenn dir das zu konkret ist und das Überraschungsmoment dennoch gegeben sein soll, kannst du zumindest die Farben abklopfen und vielleicht sogar die Qualitäten.

Grundsätzlich gibt es aber natürlich viele, die sehr gerne jedes beliebige Garn in Massen geschenkt bekommen. Es macht schlichtweg einen großen Unterschied ob du zu den Power-Handarbeitern, die ein Knäuel nach dem anderen über die Nadeln fliegen lassen, gehörst oder zu mir, die ganz gemächlich 3 Monate lang einen Pullover und dabei vllt. maximal 1-2 Sockenpaare strickt. Außerdem macht es natürlich einen gigantischen Unterschied, ob du z.B. für gemeinnützige Organisationen oder für bestimmte Aktionen strickst. Hier steht auch für mich der persönliche Geschmack deutlich weniger im Vordergrund, da mein Geschmack nichts über den Geschmack der anderen aussagt.

Wer unter knapper Kasse leidet, wird natürlich ebenfalls tendenziell lieber geschenkte Garne annehmen, diesen Blogbeitrag vielleicht eher als „Jammern auf hohem Niveau“ wahrnehmen und das ist absolut nachvollziehbar! Oft ist man einfach nur froh, sein Hobbie ausleben zu können, selbst, wenn das Garn nicht die eigene Nummer 1 ist. Aber auch – und vielleicht gerade – in diesen Fällen, wäre ein kleiner Ausflug in den örtlichen Garnladen oder ein gemeinsamer Blick auf die Onlineversandhäuser besonders schön.

Wie machst du es? Freust du dich über jedes Geschenk und bin ich dir nur zu undankbar oder bekommst du auch immer wieder das Gleiche geschenkt und möchtest es eigentlich nicht? Schreib mir gerne einen Kommentar, da es mich wirklich interessiert 🙂


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