Mein Garten! – Hätte jemand mich vor einigen Jahren gefragt, was mein liebstes Hobbie ist, wäre dies sofort und ausschließlich meine Antwort gewesen. Der kleine Schrebergarten war über eine weite Strecke hinweg nicht nur ein Hobbie, er war ein guter Freund. Ein Freund, der mich in traurigen Zeiten auffing, nicht urteilte und mir das Gefühl gab, dass ich etwas schaffen kann. Ein Freund, der aber auch brutal ehrlich ist und um den ich mich jedes Jahr erneut bemühen muss.
Lange bevor es on vogue war auf seinem Balkon Tomaten anzubauen, hatte ich bereits vieles ausprobiert, angebaut, umgebaut und wurde von den meisten in meinem Umfeld müde belächelt. Sie konnten nie verstehen, wieso mich ein Bohnenkern faszinierte, warum ich das Gefühl meiner Hände in der feuchten, schwarzen Erde liebe und eine Gurke aus dem eigenen Garten einfach besser schmeckt, als die verwässerte Version aus dem Supermarkt. Ich dagegen konnte nie nachvollziehen, wieso ein sehr großer Anteil der Kinder nicht weiß, woher die Lebensmittel kommen und wieso die meisten Schmetterlinge romantisch finden, den Lebensraum (beispielsweise Brennnesseln) aber systematisch vernichten. Die Verbundenheit zu diesem kleinen Stückchen Land wird durch kein anderes Hobbie abgelöst werden können und müsste ich mich entscheiden, würde die Wahl immer auf mein kleines Gemüsebeet fallen.
Die gute Nachricht ist allerdings: Ich muss mich nicht entscheiden! Ich kann sogar beides kombinieren! 🙂
Meine Laufbahn als Handarbeiterin war nicht gerade ein Zuckerschlecken. Ich habe mich in weiten Teilen viel ungeschickter angestellt, als so manch ein anderer und habe einiges schlichtweg nicht verstanden. Im Nachgang bin ich mir sehr sicher, dass ich alles hingeworfen hätte, hätte ich nicht jahrelange Kampferfahrung in meinem Garten sammeln können. Grundsätzlich unterscheiden sich beide Themen nicht großartig voneinander. Man braucht bei beidem Geduld, muss vieles lernen, einiges an Zeit investieren, nicht alles Geplante klappt und am Ende hat man ein Dreieckstuch, dass einem nicht gefällt oder eine Kürbissorte, die einem nicht schmeckt. Über viele Jahre hinweg musste ich Rückschläge kassieren und Schnecken, Giersch, Efeu, Unwetter, zu früher Frost, zu heiße/nasse Sommer oder auch eigene Faulheit zerstörten wochenlange (manchmal sogar monatelange) Arbeit binnen Stunden. Der große Pfingststurm Ela verwüstete meine komplette Saison, riss mein neues, mühsam erspartes Gewächshaus nieder, beschädigte mein Gartenhausdach und – was am meisten schmerzte – vernichtete meine komplette Erdnussernte (Werbung). Der Schmerz saß einige Wochen viel zu tief, als das ich noch Freude am Garten entwickeln konnte. Aber auch da gibt es eine Parallele: Die lieben UFOs. Ihr kennt es… Es gibt Strick/Häkelteile, die funktionieren einfach nicht. Weder machen sie Spaß, noch kann man den Mustersatz verinnerlichen, es läuft einfach nicht von der Hand oder man muss wochenlange Arbeit ribbeln. In solchen Fällen legt man die Arbeit zur Seite und oft braucht man nur ein wenig Abstand, um das Projekt einige Zeit später zu beenden. Zugegeben, Wolle vertrocknet im Gegensatz zum Garten nicht, aber all zu oft musste ich ein Projekt ribbeln, weil ich vergessen hatte welche Nadelstärke ich beim Häkeln ursprünglich verwendet habe.
Es gibt aber nicht nur die harten Lektionen. Beide Hobbies sind herrlich kreativ und man kann Dinge erschaffen, für die andere einem anerkennend zujubeln. „Du hast diesen Luffaschwamm (Werbung) angebaut?!“, „Den Pullover hast du gestrickt?!“ sind nur zwei Beispiele, bei denen die meisten von uns ein kleines, warmes Gefühl im Herzen wahrnehmen. Ja, man darf Stolz empfinden und das für jede Arbeit – egal ob Garten, Handarbeit oder anderen Tätigkeiten. Eigene Designs oder Farbgestaltungen runden jede Individualität ab und lassen einen den eigenen Geschmack ausleben.
Nicht nur das „Erschaffen“ als solches, haben beide Hobbies gemeinsam. Man hat auch immer tolle Geschenke parat (s. Blogbeitrag „Geschenkte Handarbeit„) und kann individuelle Wünsche realisieren. Während Handarbeiter:innen Stricksocken, Amigurumis, Tücher und dergleichen verschenken können, stehen Gärtner:innen dem in nichts nach. Unzählige Pflanzen habe ich verschenkt, die Ernte geteilt, Kräutersträuße überreicht, Rhabarber eingekocht und als Marmelade verschenkt, Brombeerkuchen gebacken und vieles mehr. Mit beiden Hobbies kann man Menschen, die weder stricken oder häkeln können, noch einen Garten haben, sehr sehr große Freude bereiten. Das Prädikat „Echte Handarbeit, mit Liebe (… und Blut, Schweiß, Tränen – die bittere Wahrheit) gemacht“ ist gleich dem „Ohne Chemikalien, alles Bio!“ und beide adeln wirklich jedes Geschenk.
Um es kurz zu fassen, die – für mich – wichtigsten Gemeinsamkeiten im Überblick:
- Alles braucht seine Zeit. Geduld ist eine Tugend, die bei mir nicht wirklich ausgeprägt ist und erst durch das ziehen von Gemüse und nie-enden-wollenden-Projekten ein Teil meines Lebens geworden ist.
- Man kann Dinge mit den eigenen Händen erschaffen! Besonders schön für Büromenschen wie mich, die einen „fiktiven Job“ ohne greifbares Ergebnis haben.
- Kreativität wird gefördert und gefordert. Sei es, weil man eigene Designs mit Garn oder Pflanzen entwirft oder man gleich beide Hobbies zusammenbringt – s. Thema Solarfärben
- Man kann anderen eine Freude bereiten und außergewöhnliche bzw. individuelle Geschenke überreichen.
- Rückschläge gehören dazu! Sei es, dass man die Pflanzen vergessen hat zu gießen, die Schädlinge alles weggefressen haben oder der Ärmel zu klein gestrickt wurde. Es frustriert bei beidem gleichermaßen, aber wir tuen es dennoch. Erfolgserlebnisse sind somit wertvoll und für andere Lebensbereiche eine wichtige Lektion.
- Die Farbauswahl ist gewaltig! Egal, welche farblichen Vorlieben du hast, du kannst dem nachgeben. Alleine die Farbpalette von Tomaten ist gewaltig, vom Garn ganz zu schweigen. Btw, ein Tipp am Rande: Brandywine und Green Zebra Tomaten *schleck*
- Es gibt herrlichen SchnickSchnack! Kleine Eiscreme-Maschenmarkierer oder auch schöne lasierte Tontöpfe, das Glück liegt im Kleinen.
- Wenn man möchte, kann man bei beiden Hobbies an der frischen Luft sein. Im Sommer stricke ich am liebsten im Garten, höre den Vögeln zu, beobachte die Insekten und lausche dem Geklapper der Stricknadeln.
- Auf das richtige Werkzeug kommt es an! Viele von uns haben ihre Lieblingsnadeln, das Lieblingsgarn und können nachvollziehen, wie wichtig gutes Werkzeug ist. Gleiches gilt für die Gartenarbeit.
- Die Jahreszeiten geben den Ton an. Im Garten selbstverständlich, passen sich auch Handarbeiter in den meisten Fällen automatisch den Jahreszeiten an. Entweder arbeiten sie etwas vor, um im Sommer die Leinenroben tragen zu können oder sie häkeln schöne Dekorationen für den Herbst oder für Weihnachten.
- Eine Wohltat für die Psyche! Während Handarbeit den Blutdruck senkt und zunehmend auch in Therapien eingesetzt werden, weiß man um die wohltuende Wirkung von Gärten schon lange. Rhea-Kliniken bauen ihre Gartenanlagen zunehmend aus, da der positive Effekt mittlerweile ein Teil der Rehabilitation darstellt.
- Die Verpaarung für Social-Media. Ein Großteil meiner Fotos, die ich von meinen Projekten knipse, besteht aus mehreren Bestandteilen. Zumeist kombiniere ich mein aktuelles Projekt mit Pflanzen aus meinem Garten und lege das Gesamtkunstwerk auf meinen Holztisch. Die Zusammenstellung des Garns mit verschiedenen Pflanzen finde ich finde ich besonders harmonisch und beruhigend. So werden meine Instagram-Fotos noch persönlicher und zeigen, wie es in meinem Kopf aussieht 🙂
Fazit: Ich liebe es, mich nicht zwischen beiden Hobbies entscheiden zu müssen und in der glücklichen Lage zu sein, beides ausleben zu dürfen. Es ist ein großer Luxus, den ich durchaus zu schätzen weiß und gerne mit anderen teile. Wen ich nicht in meinem persönlichen Umfeld begrüßen darf, lasse ich gerne über Fotos und Videos an meinem kleinen Stückchen Natur teilhaben. Die meisten sehen ihre Hobbies oder Vorlieben getrennt voneinander und sehen nicht, wie das eine das andere bereichern und was man davon lernen bzw. übertragen kann. Wie in vielen anderen Blogartikeln möchte ich die Gelegenheit nutzen und auf den Blick über den Tellerrand hinaus verweisen. Es ist auf alle Fälle einen Versuch wert, Brücken zu schlagen, wo noch keine sind!
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