Ich habe das große Glück, dass eines der bekannten Wollfeste in meiner Heimatstadt stattfindet. Als ich davon erfuhr, war ich häkeltechnisch schon ganz gut dabei und hatte auch meine Leidenschaft zum Stricken erneut entflammt. Zwar war ich da noch längst nicht sattelfest und alles andere als gut, aber ich wollte es noch mal professioneller angehen. Der Zeitschriftenversuch war verdaut, das Ego wieder aufgebaut, ein neuer Anlauf konnte somit starten. Für diesen Zweck wollte ich ich Garn-Jagd gehen, damit ich vollends motiviert die Nadeln zum glühen bringen konnte. Mein Freund musste natürlich als Fahrer mit und wurde instruiert, dass ich außerdem ggf. seine Hilfe bei der Farbauswahl benötige.

Ein richtiges Projekt hatte ich noch nicht ins Auge gefasst und wollte es einfach mal auf mich zukommen lassen. Was soll schon so kompliziert sein, ein bisschen Garn zu kaufen? Bis zu diesem Zeitpunkt kannte ich nur Bobbel und die 50Gr. Garne aus den Zeitschriften. Neben einem einzelnen Knäuel mit der NS 10 und dem ➥ Sheepjes-Whirl (Werbung) hatte ich sonst noch keinerlei Berührungspunkte mit Garnen und war ziemlich sicher, dass diese Erfahrungsstufe ausreichen würde. Ach, was habe ich mich geirrt!

Auf dem „Düsseldorfer Wollfest“ angekommen, war ich direkt berauscht und total motiviert! So viele Garne! So viel Kreativität, aber… wieso sind das alles so komische Würstchen? Außer einer Handvoll Bobbels, wirkten die Würste (heute: Stränge) auf mich doch arg befremdlich. Um mich herum war ein wildes Gewusel, die Besucher rannten mit Anleitungen herum, schmissen die Garne durch die Luft und unterhielten sich in einer wahnsinnigen Geschwindigkeit über Dinge, die ich nicht verstand. Gefühlt war jeder perfekt vorbereitet, kannte jeden (außer mich) und ich kam mir schlagartig etwas einsam und absolut fehl am Platz vor. Irritiert und überfordert schaute ich auf eine der Baderolen und las „400m, 100 Gr.“. Ok, schnell wurde das Handy gezückt und nachgeschaut, wie viel Gr. man für ein Tuch braucht. Natürlich fand ich Anfänger so spontan kein passendes Tuch und irrte verloren und nichts anfassend durch die Gänge. Mein Freund erkannte meine Notlage und motivierte mich, die Garne anzuschauen, eins zu kaufen und führte mich von Stand zu Stand. Während ich immer unsicherer wurde, blühte er regelrecht auf. Er, technikafin im Digitalbereich unterwegs, war zutiefst beeindruckt, dass man an nahezu jedem Stand mit Kreditkarte einkaufen konnte und auch Paypal akzeptiert wurde. Er simste wild mit Kollegen hin und her, machte Fotos und alle waren sich einig, dass Handarbeiter doch cooler sind, als man zuerst wohl angenommen hatte. Durch seine fröhliche Stimmung fasste ich ein wenig mehr Selbstvertrauen und besuchte einen Stand. Die Verkäuferin merkte schnell, dass ich weder wusste, was ich machen möchte, mit welchem Garn, welche Farbkombi, noch wie viel Garn ich brauchen würde. Sie beriet mich bzgl. der Farben, verkaufte mir 2 Würste und gab mir gleich eine Anleitung für ein passendes Tuch mit. Endlich! Ich hatte was im Sack und kaufte im Anschluss noch weitere 2 andere Stränge, mit denen ich bis heute nichts zu fangen weiß.

Um vier Würste und einiges an Erfahrung reicher, fuhren wir erschöpft nach Hause. Bereits in diesem Moment wusste ich, dass ich im nächsten Jahr wieder dort sein werde, allerdings mit einem Plan. Mit etwas Abstand betrachtet, war dies definitiv mein günstigstes Wollfest und mittlerweile kaufe ich im Zweifelsfall auch nur auf Verdacht meine Garne 😉