Ach du Strick!

Regionale, deutsche Schafswolle

Mein aktuelles Strickprojekt ist nichts Besonderes. Stinknormale Socken halt… und doch sollen sie einen eigenen Blogbeitrag bekommen. Warum? Es ist das erste Mal, dass ich deutsche Schäfchen verstricke und ich möchte die Gelegenheit nutzen und meine Erfahrungen mit dir teilen.


Im Jahr 2022 wurde ich auf ein Crowdfunding aufmerksam, bei dem Geld für die Produktion von Garn aus regionaler Wolle gesammelt wurde. Ziel war es, die heimische Schafswolle nicht auf den Acker zu werfen oder zu verbrennen, sondern zu Garn zu verarbeiten und an die Handarbeiter und Handarbeiterinnen zu bringen.

Regionale Wolle? Wolle von deutschen Schafen aus Franken? Mein Interesse war schnell geweckt und als ich las, das das Garn zudem plastikfrei sein wird, habe ich direkt zugeschlagen. Nun galt es zu hoffen, dass die Finanzierung gelang, aber kurz darauf stand schon fest: Das Crowdfunding konnte erfolgreich abgeschlossen werden.

Graues, regionales Merinogarn

Grünes, regionales Merinogarn

Welche Farben und welches Garn?

Mit der Teilnahme am Crowdfunding erwarb ich einen Gutschein, den ich in Garn umwandeln konnte. Begeistert stürmte ich in den Shop, wühlte und suchte, klickte und klickte weg. Schnell kam sie, meine übliche Überforderung.

Zwar war ich absolut begeistert über plastikfreie Wolle, allerdings hatte ich bisher absichtlich immer zum Plastikanteil gegriffen, da diese Garne in der Regel formstabiler sind. Den Gutschein in meinen virtuellen Händen haltend musste nun ein Plan her, was ich aus diesem rustikalen Garn machen könnte.

Zu diesem Zeitpunkt schwankte ich noch zwischen Mützen, Socken, Stulpen und anderen Projekten. Die Farbpalette rockte ich immer wieder rauf und runter, verglich per Screenshots die Farben, stellte immer wieder neu zusammen, verwarf alle Ideen und begann wieder bei Null. Ich las mich ewig ein, machte erneut ein viel zu großes Ding (nennen wir es ruhig „Drama) draus und gab am Ende überfordert auf. Ich packte einfach 2x Grau und 1x Grün in den Warenkorb, schickte die Bestellung ab und atmete erleichtert auf. Das Thema hatte nach FÜNF endlos durchdachten Tagen ein Ende gefunden. Manchmal muss man eben einen Schlussstrich ziehen.

Die Verarbeitung

In dieser Woche war es so weit! Meine Neugierde war zu groß, als das ich das Garn länger in der Schublade versauern lassen wollte und ich brauchte ein kleines Projekt für meine Zugfahrten. Mittlerweile war der Plan gereift, dass ich auf jeden Fall dicke Wollsocken stricken wollte, da mein Freund und ich unter chronisch kalten Füßen leiden. Ohne Fußbodenheizung und mit Nachbarn unter uns, die selbst nicht stark heizen, ist uns der Boden einfach schnell zu usselig.

Die perfekte Maschenanzahl war nicht einfach zu ermitteln und wurde durch „Versuch macht klug“ entschieden. Für die Schuhgröße 44 habe ich 50 Maschen mit einer Nadelstärke 3 angeschlagen. Hierfür kaufte ich mir extra ein Set „Addi Crasy Trio Novel“ (Werbung, da Affiliate-Link) im Garnladen meines Vertrauens, da meine Rundstricknadel Stärke 3 durch ein Dauer-Unfertiges-Projekt belegt ist und ich noch fest an ein Happy End des „Shake it up Tuchs“ glaube – ribbeln kam daher (noch) nicht in Frage!

Das Sockenbündchen wurde aus „3 Maschen rechts verschränkt, 2 Maschen links“ gestrickt, nachdem ich die Maschen relativ elastisch aufgenommen habe. Hierfür habe ich die Maschen einfach um zwei, statt nur einer Nadel gelegt und die zusätzliche Stricknadel nach der Aufnahme rausgezogen.



Wirklich spannend ist, dass sich das Garn sehr rustikal anfühlt und man erst durch dieses reine Naturprodukt merkt, wie weit weg manche Garne vom Original-Schaf entfernt sind. An der Stelle ist es vielleicht interessant zu erwähnen, dass Schafe in unseren Regionen eine robustere Wolle haben, als Schafe aus warmen Regionen. Unsere Schafe haben schlichtweg mit schlechteren Wetterverhältnissen zu kämpfen, als Spanische und brauchen daher mehr Schutz gegen die nasse Witterung.

Ich will es nicht schönreden, ich habe zwei Bündchenversuche gebraucht, um mich an die – für mich – außergewöhnliche Haptik zu gewöhnen. Es fühlte sich unbekannt rau, falsch und seltsam an. Nicht so kuschelig, superwash, plastikummantelt, wie ich es sonst gewohnt bin. Und ja, „Superwash“ bedeutet nichts anderes, als das die Wolle mit einer Schicht Kunstharz (oft Kunststoff) ummantelt wurde und dadurch diese kuschelig glatte Haptik bekommt.

Allerdings…

Ich habe durchgehalten und bin schon fast an der Spitze der ersten Stricksocke angekommen. Das Garn lässt sich, nach anfänglichen Gezaudere, gut verstricken, ich habe mich daran gewöhnt und ich freue mich auf die fertigen Stricksocken. Mittlerweile mag ich das natürliche Gefühl und werde diesen Blogbeitrag auf jeden Fall aktualisieren, sobald die kalten Monate Einzug gehalten haben und die Socken den Praxistest durchlaufen haben.

Schon oft habe ich gelesen, dass Naturmaterialen beim Tragen weicher werden, sobald sie mit der Körperwärme in Kontakt kommen und sonst viele Vorteile mit sich bringen, die andere Garne nicht haben. Beispielsweise ist Schafswolle schmutzunempfindlich, wärmt im Winter, kühlt im Sommer, ist geruchshemmend und pflegeleicht. Es gibt viele Träger von Schafswollprodukten, die ihre Stücke lediglich „auslüften“, statt sie „auszuwaschen“ – spannend oder?

Schäfchen und das liebe Stroh

Die ersten 2-3 Strohhalme habe ich absolut begeistert meinem Freund gezeigt, denn ja: Schafe kommen mit trocknem Gras/ Stroh in Kontakt. Wie auf den beiden Bildern erkennbar, ist überall im Garn ein wenig Stroh versteckt. Zwar knibble ich die kleinen Stücke aus den Socken raus, aber stören tut mich dieser Umstand nicht. Ich habe mich bewusst für ein sehr naturnahes und unbehandeltes Produkt entschieden und finde es absolut faszinierend. Wahrscheinlich war ich noch nie so nah an dem Produkt „Wolle“ dran, wie ich es aktuell bin und genieße diese Erfahrung sehr.

Mein Freund war dagegen ziemlich irritiert und war verwirrt, wieso in seinen zukünftigen Stricksocken Strohreste hängen. Nach kurzer Erklärung war er jedoch zufrieden, das Thema war durch und er drehte sich weg. Wir alle haben sie, die Kunstbanausen als Partner.

Wie du an den Maschen sehen kannst, kann ich mir auch klassische „Trachtenmode“ hervorragend aus diesem Garn vorstellen.



Erfreulicher Weise gibt es mittlerweile immer mehr Schäfer, die den Weg der Garnproduktion wagen. Oftmals suchen sie über Social-Media die Handarbeits-Community auf, um sich bei der Produktion der Produkte finanziell unter die Arme greifen zu lassen. Leider ist es nach wie vor günstiger, die Wolle auf der Wiese liegen zu lassen oder in den Ofen zu werfen, als daraus Kleidung oder auch nur unser Garn herzustellen. Deutschland hat große Schafsherden, die überall im Land zur Pflege der Wiesen, Auen und Wälder, zum Schutz der Deiche und Lichtungen unterwegs sind und doch importieren wir Wolle und verbrennen unsere eigene. Sinnvolle Ressourcennutzung sieht anders aus.

Grundsätzlich kann ich den Ansatz verstehen, dass man möglichst weiches Garn in den Händen halten möchte, allerdings ist diese Entfernung von einem ursprünglichen Produkt auch mit Nachteilen verbunden. Mal ganz abgesehen vom ökologischen Aspekt (CO² durch Transportwege und Mikroplastik durch das Waschen der Kleidung) ist es schlichtweg eine fehlende Wertschätzung unserer heimischen Schäfer und leider wollen immer weniger diesen Beruf ausüben.

Natürlich gibt es Allergiker, die keine Wollsocken tragen können und auch Menschen, die sehr empfindlich sind und die Superwash-Ausrüstung benötigen. Wenn ich mir allerdings vorstelle, mit welch engem Schuhwerk viele Frauen ihre Füße quälen, bei Wollsocken jedoch auf Grund der rustikalen Haptik zusammenzucken, muss ich ein wenig schmunzeln. Ich bin die Tochter zweier Fußpfleger, ich kenne eure Füße, ich weiß, wie sie aussehen und Schafswolle ist ihr kleinstes Problem.

Fazit

Auf Grund diverser UFOs, Projekte und kleinen Wehwehchen, werde ich wahrscheinlich keine 2 Paar Stricksocken vor dem kommenden Winter schaffen. Nichtsdestotrotz werde ich mir aus dem grünen Garn für mich selbst ein Paar zaubern und vielleicht das ein oder andere Paar verschenken. Nach anfänglicher Irritation habe ich dieses Produkt tatsächlich liebgewonnen und habe mir vorgenommen, mich durch unsere Regionen durchzuprobieren. Bei den verschiedenen Anbietern, die es mittlerweile auf dem Markt gibt, gibt es Deichschafe, Alpenschafe, Rhönschafe und viele mehr – wie kann man da nicht neugierig sein?

Hast du schon heimische Wolle ausprobiert oder getragen? Hast du Empfehlungen, worauf ich achten sollte? Schreib es gerne in die Kommentare, ich bin bei dem Thema noch absoluter Frischling 🙂

Falls du nun Lust bekommen hast, deine eigenen Erfahrungen zu sammeln, habe ich hier eine kleine Anbieterliste. Diese werde ich nach und nach ergänzen, sobald ich auf kleine Garnhersteller oder spannende Schafherden stoße.

Naturgemäß werde ich nur auf deutsche Schäfer und Shops stoßen. Ich weiß allerdings, dass auch viele Schweizer und Österreicher den Weg zu mir finden. Sofern du einen Anbieter kennst, der regionale Garne in deinem Heimatland zum verstricken oder verhäkeln anbietet, teile es mir gerne mit und ich werde die Liste ergänzen.

Mährle. Die glückliche Wolle aus Deutschland

Frankenwolle Bamberg

Finkhof

Fluse und Fusel

Röhner Bauernladen (Tipp aus der Community!)

Ich freue mich, falls deine Neugierde geweckt und das passende Garn für dich dabei ist.



Übrigens…

Vorsorglich sei noch einmal kurz erwähnt, dass wahrscheinlich jedes „reine Naturgarn“ eine andere Maschenanzahl und Nadelstärken benötigt und man an der ein oder anderen Stelle ein wenig rumprobieren muss. Natürlich gilt dies für jedes Garn, aber je nach Verzwirnung gibt es hier wahrscheinlich etwas größere Unterschiede.

Meine Wollsocken werden aktuell in Nadelstärke 3 gestrickt und dienen ausschließlich dem Hausgebrauch. Das bedeutet, dass sie keine Reibung durch Schuhe erfahren und dadurch nicht ganz so robust sein müssen. Sofern du durch den Beitrag Lust auf deutsche Wollsocken bekommst, die zudem plastikfrei sein sollen, kannst du Löchern durch ein sehr festes Maschenbild vorbeugen. Stricke hierfür entweder sehr fest oder – die fingerfreundliche Variante – nutze kleinere Nadelstärken.

Außerdem kannst du den Hersteller fragen, ob es bereits Erfahrungen bzgl. Stricksocken gibt und ob er ein spezielles Garn empfehlen kann.

Aber um es an der Stelle noch mal zu erwähnen: Natürlich kann man auch alle anderen Projekte aus regionaler Wolle zaubern. Probiere es unbedingt aus!


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